14. Dezember 2022 | Aus dem Landtag, Flucht und Migration, Meine Arbeit als Abgeordnete

Erklärung zum Abstimmungsverhalten des Einzelplans des Doppelhaushalts 23/24 des Innenministeriums

Liebe Freundinnen und Freunde,

nach langen Überlegungen habe ich mich entschieden, dass ich dem heute abgestimmten Einzelplan des Ministeriums für Inneres und Kommunales keine Zustimmung geben kann. Ich habe mich deshalb enthalten.

Als gesamte Fraktion und Bündnisgrüne Partei stehen wir dem geplanten sogenannten „Behördenzentrum“ ablehnend gegenüber.

Dieses Zentrum findet sich im Haushalt des Innenministeriums im Titel „518 60 012 neu Mieten und Pachten für das Behördenzentrum“ mit 315 Millionen Euro. Diese Gelder sind mit einem „einfachen“ Sperrvermerk versehen. Das bedeutet, dass die Finanzministerin nach einer Wirtschaftlichkeitsprüfung die Gelder ohne Beteiligung des Parlaments freigeben kann.

Der Beschluss des Haushalts ist also noch kein Beschluss über das Projekt, sondern eine Übergabe der Verantwortung an die Finanzministerin Katrin Lange (SPD).

Ich will an dieser Stelle nochmal deutlich an Katrin Lange appellieren, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein.

Ich halte es für nicht vertretbar in Zeiten, in denen an vielen Stellen um jeden Euro gerungen wird und wir milliardenschwere Kredite aufnehmen, eine derartig hohe Summe für ein Projekt zu verankern, gegen das sowohl aus vergaberechtlichen als auch aus humanitären Gründen große Vorbehalte existieren. Als Landtagsfraktion werden wir unsere Kontrollfunktion hier weiterhin wahrnehmen.

Als Bündnisgrüne haben wir gemeinsam an verschiedenen Stellen immer wieder darauf hingewiesen, dass es berechtigte Kritik und Vorbehalte gegenüber diesem Vorhaben und insbesondere der Vergabe an den Investor gibt. Das Projekt ist nicht mit dem Koalitionsvertrag zu rechtfertigen.

Es wäre mindestens notwendig, ein ordentliches Vergabeverfahren durchzuführen, um die vergaberechtlichen Bedenken auszuräumen und zu prüfen, ob eine Durchführung an diesem Standort mit diesem Investor wirklich die einzige Alternative ist. Diese Bedenken bestehen weiterhin, da dem Investor der Großteil der Flächen bisher gar nicht gehört und als neue Entwicklung Flächen des Terminal 5 im Eigentum der Flughafengesellschaft, an der das Land Mitgesellschafter ist, bereitstehen.  

Ich kann diesem Einzelplan nicht zustimmen, in dem Wissen, dass schwierige rechtliche Fragestellungen noch ungeklärt sind. Dazu werfen zum Beispiel die bei „Frag den Staat“ veröffentlichten Unterlagen viele Fragen auf.

Grundsätzlich halte ich Abschiebungen für ein falsches Mittel. Zumeist werden Menschen, die hier häufig ein soziales Umfeld haben, in Regionen geschickt, die ihnen keine lebenswerte Zukunft ermöglichen. Das halte ich nicht für eine humanitäre Asylpolitik. Gleichzeitig steht der hohe finanzielle und personelle Aufwand, den jede einzelne Abschiebung mit sich bringt, nicht im Verhältnis zu den damit vermeintlich angestrebten „Zielen“. Das ist aber keine Frage, die wir rechtlich im Land Brandenburg diskutieren, sondern eine Frage, die im Bundesrecht zu lösen ist.

Als Land müssen wir Bundesrecht umsetzen. Das stelle ich nicht in Frage, auch wenn es mir hier besonders schwerfällt. An der Stelle plädiere ich (wie auch meine gesamte Fraktion) auf eine möglichst humanitäre Umsetzung von Bundesgesetzen.

Es ist aus meiner Sicht wichtig zu betrachten, dass nicht zu erwarten ist, dass es ausschließlich durch den Bau eines solchen Zentrums zu mehr Abschiebungen kommt. Die Anzahl an Abschiebungen wird derzeit nicht durch die Anzahl an Abschiebegewahrsamsplätzen gehemmt. Im Gegenteil, schon die bestehenden Kapazitäten sind weit von einer Auslastung entfernt.

Gerade die Diskrepanz zwischen benötigten und neu geplanten Plätzen macht das Projekt noch weniger erklärbar.

Eine zu hoch angesetzte Zahl an Plätzen für das sogenannte Abschiebegewahrsam könnte perspektivisch bei einer veränderten bundesrechtlichen Lage dazu führen, dass mehr Abschiebungen möglich sind. In dieser Bundestagslegislatur ist glücklicherweise davon nicht auszugehen.

Dem Gesamthauhalt für die Jahre 2023/2024 werde ich zustimmen. Angesichts der aktuellen multifaktoriellen Krisenlage hielte ich es nicht für verantwortbar, insbesondere den vielen Hilfs- und Transformationspaketen, die von Land oder Bund kommen, die Zustimmung zu verweigern. Viele Menschen sind derzeit aufgrund der Inflation in einer Ausnahmesituation und wir als Politik haben die Verantwortung, gerade Menschen mit wenig Geld so zu unterstützen, dass sie gut durch die Krise kommen. Daher komme ich zu einer anderen Abwägung als bei der Abstimmung des Einzelplans des Innenministeriums.

Ich bin froh zu wissen, dass wir als gesamte Fraktion weiter gegen das sogenannte Behördenzentrum und für eine humanitäre Asylpolitik kämpfen werden und ich bin dankbar, dass uns auf diesem Weg die Zivilgesellschaft kritisch begleitet – genau das ist ihre Aufgabe.

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